Freitag, 21. Dezember 2012

SCHNEE TREIBT AM HUMALDAWEI



Wenn Bäume warten
auf Wartende
die Sonne
kälter wird
Schnee treibt am Humaldawei


Wenn
Spiegelnarretei
dich fragen lässt
ist's Wasser
fängt weiße Stille
dich
und
dich
vielleicht ist auch Weihnachten

Dienstag, 6. November 2012

Koolgänse, Aale und das Glück

Koolgänse und Aale


Im Hamburger Hafen sah ich als Kind den ersten lebenden Aal. Tote Krabben, rosafarben und einen sich windenden Aal. Der Fischer nahm den Aal, drehte sich um, ein Ruck und dann bekam ich Krabben und Aal in Zeitungspapier gewickelt, ausgehändigt. Mein Onkel lächelte ernst, sagte: „Wir haben ein Glück.“ – Ja, das hatte er, der nach dem Krieg, aufgetaucht aus einem Lager, eine Buchhalterstelle bei der Reederei Stinnes gefunden hatte, später Chefprokurist wurde, mit Chauffeur und einem großen Büro, von dem aus ich auf die Elbe schauen konnte und über den dicken Teppich ging ich als Kind hin und her, staunend. Und die Tante hatte auch Glück, die im Bunker beim NWDR putzte, auf dem Heiliggeistfeld. Und ich hatte auch Glück, dass ich überhaupt geboren wurde, und dass es überall in der Welt Verwandte gab, nur kaum noch welche in Leipzig und Ostberlin. Aber in Boulogne-sur-Mer. Ein geflüchteter Onkel, er schneidet Haare, in einer kleinen Stube am Hafen. Und er bekommt jeden Tag Muscheln oder ein paar Fische. Er kommt auch nach dem Krieg über die Runden. Und ich lerne bei ihm Muscheln essen, Fische ausnehmen. Ohne großes Getue.






 Glück hatte auch eine aus Nazideutschland geflüchtete Cousine, die  in Verstecken überlebte, einen Niederländer heiratete, nie wieder Deutsch sprach. Jaap, der Fröhliche und Freundliche, der mit mir, dem Kind, durch Haarlem und Amsterdam ging und deutsch radebrechte.  Ende der Fünfziger Jahre. Und mir zeigte, was gefillter Fisch ist und wie die chinesische und indonesische Küche schmeckt.
Glück hatte auch ich,  dass es in all der Fremde und Traurigkeit immer wieder einen Onkel, eine Tante gab, einen entfernten Verwandten, die sich kümmerten und mir Leben zeigten, dem kleinen Mädchen erzählten, wie das Leben der Familie war -  vor 1933 und vor 1939, vor den Fluchten, in Leipzig, Hamburg und anderswo. Glück fühlte ich, als ich mit dreiundzwanzig das erste Mal an der Lauwerzee stand, dem damals viel größeren See und dem damals viel kleineren Hafen, in dem Fischer mit kleinen Kähnen anlegten, ihren Fang vom Boot aus verkauften oder in kleinen Läden ablieferten, danach gingen sie in kleinen Dörfern und Bauernschaften in die vielen kleinen Kneipen und tranken, so viel der Zapfhahn hergab. Ich fühlte Glück unter diesem schiefergrauen Himmel zu stehen, am Strand angeschwemmtes Holz zu sammeln für den Ofen, ein winziges halbes Häuschen zu haben, neben dem Bauernpaar Piet und Ans, einen frischen Aal geschenkt zu bekommen und Schollen. Ich fühlte Glück unter dem zugigen Dach zu schlafen (das war nicht verkleidet, da pfiff der Wind durch) und den ersten wackeligen Schreibtisch zu bauen, da zu sitzen und zu schreiben.






Damals wusste ich wenig über die Geschichte und das Nordmeer. Wie anderswo auch hatte es zwischen 1500 und 1700 immer wieder große Überflutungen des Lauwerszeegebiet gegeben: 1509, 1542, 1650 und 1665. Die Weihnachtsflut des Jahres 1717 war für den Norden der Niederlande katastrophal. Viele Schleusen waren nach der Flut völlig zerstört. Danach wurden über die Jahrhunderte immer mehr Küstengebiete eingedeicht und so wurde die Lauwerzee kleiner und kleiner. Im Herbst 2003 stand der Beschluss, den Nationalpark Lauwerzee einzurichten. Der Versuch ein Gleichgewicht zwischen Meer, Natur, dem Hafenbetrieb und dem Tourismus und Militär herzustellen. Erst verschwanden viele Pflanzen, Fischarten und die Schalentiere als das Land nicht mehr Flut und Ebbe erlebte, 





dann wuchsen neue Blumen wie Orchideen, das Sumpf-Herzblatt. Das Gebiet wurde Heimat für Graugänse, Krickenten, Pfeifenten und Weißwangengänse; Zugvögel und Wintergäste kommen an der Lauwerzee zur Ruhe. Hunderte von Löffelenten und Brandgäsen suchen Nahrung im Winter. Reiher schweben über die Felder, Strandläufer aller Art, Weihen, Kiebitze, hunderte Arten von Wattvögeln sind zu beobachten. Ja, und Flamingos sind im Sommer zu sehen. Sommergäste. Ich habe sie gesehen und – wie Kormorane Aale fangen. Koolgänse heißen sie auf Niederländisch.  Ein kleines Paradies ist aus dem Gebiet Lauwerzee geworden. Und ich fühle immer wieder Glück, wenn ich über das graue Wasser schaue, Sternmöwen und andere nach Nahrung suchen, flattern und schweben, hüpfen und ins Wasser stoßen. Manchmal denke ich zurück an Hamburg und wenn Regine und ich auf den Michel rannten und da oben standen und strahlten.

© Jay Monika Walther

 

Freitag, 21. September 2012

Café Fryslân und dreitausendvierhundert vor Christus

bis zum Horizont und hinter ihm geht er weiter bis zun nächsten




Das Café Fryslân steht in Oostrum. Eastrum (auf friesisch) gehört genauso wie Ee zur Gemeinde Dongeradeel. 200 Menschen leben dort. Alles, was ich seit dreißig Jahren wusste, war - dass Oostrum auf dem Weg nach Dokkum liegt, dass das halbe Dorf, die Wiesen und der kleine Anger im Ort im Winter unter Wasser stehen, dass auf der einen Seite vor dem Dorf eine alte Ziegelei zerfällt und auf der anderen Seite ein Bowlingcenter immer größer wird, dass ich früher, vor dreißig Jahren, den Schafscherern zuschaute, den Arbeitern in der Zieglei, sah wie das Bowlingcenter entstand, wie die ersten Touristen mit Boot oder Auto von der Zuider See herkamen und im damals kleinen Hafen an der Laauwerzee die Fischkutter bestaunten, deren Fischer einen Plastiksack oder einen Korb voll Schollen packten und für diese zwanzig Schollen, Flundern oder Knurrhähne sechs Gulden nahmen oder auch weniger.




Oostrum, das war auch immer die Kneipe, das Fryslân Café. Und früher saßen da Fischer und Landarbeiter, Bauern, selten Touristen und wenn dann die aus dem Ruhrgebiet, die sich eines der kaputten kleinen Huisjes gekauft hatten für wenig Gulden und sommerlang reparierten, bis sie endlich wussten, dass diese Landschaft nicht die Ihre war. Getrunken wurden Boerenjongen, also Rosinen und Zucker aufgegossen mit Genever. Und immer jonge oder oude Genever. Bier. Es wurde viel getrunken, sehr viel mehr als heute. Die wechselnden Wirtspaare stellten Käsewürfel und Matjeshappen mit Gurke hin, es gab Bitterballen zu bestellen und Tostis. Die Hoffnungen der Wirtspaare auf Verdienst erfüllten sich selten. Erst als eine fröhliche ältere Frau mit einer kratzigen Stimme und einem herrlichen Lachen das Kneipenhaus kaufte, renovierte, einen großen neuen Tresen und Ofen hineinsetzen ließ, Dart und Spielautomaten hinstellte, war der Wirtswanderung ein Ende.

einwerfen, klickern, rattern, drehen, ein Bier und - gewinnen 

Gerne war ich dort, auch wenn nach und nach sich das Meiste änderte. Heute bewirtschaftet ein freundliches junges Paar das Café Fryslân, der Mann in Arbeit, die Frau in der Kneipe. Dartclub und Kartenspieler kommen. Und ich gewann in diesen Ferien vierzig Euro am Spielautomaten (niederländische Spielautomaten müssen mehr Gewinne auswerfen als in der BRD und sie sind moralische Anstalten, die alle zehn Minuten das Spiel stoppen und  anzeigen, wie lange man spielt, wie viel Geld eingeworfen, verloren wurde).

 



Inzwischen weiß ich nun mehr über Oostrum: dass es als Warft einige Jahrhunderte vor Beginn unserer Zeitrechnung zwischen den damaligen Meeresarmen entstand. Die zum Teil um 1900 abgetragene Terpeoder Warft ragte viereinhalb Meter hoch über dem Meeresspiegel. Der Wohnhügel hat eine Kreisform mit Ringstraße. Auf dem südöstlichen Teil der alten Terpe stand Rinthjemastate, ein alter Herrensitz. Ich weiß nun auch, dass die alte Dorfkirche aus dem 13. Jahrhundert stammt und ursprünglich nach dem Heiligen Nikolaus benannt wurde. Die Ziegelei am Grootdiep errichtete 1873 ein Jan Helder, der Schornstein misst 35 Meter. Und im 19. Jahrhundert wanderten mehr als zehn Oostrumer, junge Männer und Dienstmägde, nach Übersee aus. Und ich weiß, weil ich die Grabungen mitbekommen hatte, dass 2006 Überreste der Trichterbecherkultur gefunden wurden; die archäologischen Untersuchen ergaben, dass die Reste dieser Siedlung aus der Zeit von dreitausendvierhundert vor Christus stammen müssen. So früh war also dieses Oostrum bewohnt, damals nah am Meer, zwischen Wasserarmen. An den Grachten zwischen Nordmeer und Zuiderzee. Ich dachte, es ist schön von der Geschichte und den Geschichten im Kleinen zu erfahren, zu hören. Jenseits der vielen Kriege. Aber die Kriege waren eben auch in den Dörfern, Religionskriege, Landkriege, spanische Soldaten und nahe bei Ee blieb ein napoleonischer Soldat in Tibma und baute einen Hof auf und schon bin ich wieder in den Jahrhunderten verschwunden, denn die Bauerschaft Die Tibben ist aus dem achten Jahrhundert. Und was ich nun auch weiß, ist, dass Humaldawei 1885 gebaut wurde und zu den nationalen Denkmälern von Ee gehört. So viel Geschichte im Kleinen und Großen überall.

© J. Monika Walther

Samstag, 8. September 2012

Golden River








lecker. Ausnehmend lecker. Und jetzt kann ich mir das nur anschauen ...




Golden River – Chinees Specialiteiten Restaurant in der Kerkstraat. Kollum. Ein Dorf weiter, hinter Waarftermolen und Kollumerpomp, jenseits der Dokkumer Nieuwe Zijlen, jenseits der großen Schleusenbrücke und dem Kanal. Golden River – ein kleines feines Restaurant, schon vor 30 Jahren, in einem der ersten „Neubauten“ in Kollum. An einem der Enden der kleinen Hauptstraße und hinter der wehrhaften kleinen Backsteinkirche. Im Kreis darum herum, im Kreisel entstand dann nach und nach das neue Kollum, mit Supermärkten, Aldi, Häusern, einem Colleg. Einem Erdgasfeld, der letzte Bauernhof steht heute am Ortseingang, quer zur Tankstelle und ist verkauft, hat einen Bootsanleger.

Golden River – ein junges Ehepaar aus China, er kochte, sie bediente und das tat sie – freundlich beraten, anregen, erklären, mit Stäbchen essen beibringen. Eine Botschafterin der Küche, des Chinesischen, aber nicht der Diktatur. Sie erklärte mir, wie Garnelen zu essen sind und dass auch in den Köpfen der Garnelen noch Fleisch ist, dass ich die nicht beiseite legen soll, sondern alles essen, was in der Garnele ist. Die Zangen aufbrechen, auslutschen, da war sie beharrlich. Freundlich. Und wenn wir von allem zu viel bestellt hatten, damals gab es noch die großen Schüsseln mit Nudelsuppe, die weichen Teigtaschen, die kleinen Dims als Vorspeisen, dann verpackte sie alles, ohne Fragen.
Heute stehen ihre Kinder im Restaurant und lächeln und sind ein wenig ungeschickter, aber freundlich und die Gerichte sind immer noch wie vom Vater gekocht.
Aus Humaldawei gibt es noch mehr und viel zu berichten: die Nachbarn werden weggehen, zurück in die Nähe von Leeuwarden. Was wird werden? Der Makler bietet die „freistehende“ Haushälfte an, ein Vermögen. 150 000 Euro. Aber so ist es geworden, Jeder Quadratmeter ist ein Vermögen in den Niederlanden wert, selbst in Fryslân. Und nicht wenige Häuser stehen nun zum Verkauf im Humaldawei.
© Jay M. Walther

Montag, 20. August 2012

sechstausend Gulden und die Knechtswohnung




Dieses Jahr Ferien in Humaldawei. Wie lange ist das her? Zwei, drei Wochen im Haus, in Fryslân.  Sehr lange ist das her. Damals, als ich nach der Diplomprüfung endlich mein Stipendium für das Prüfungssemester ausbezahlt bekam, brauchte ich das Geld dafür nicht mehr und von klein auf hatte ich mir eine Wiese gewünscht, eine eigene und darauf würde ich einen Eisenbahnwaggon stellen, und dann hätte ich ein Zuhause. So dachte und träumte ich, mit Blick auf den Säntis und nach der Flucht aus der DDR und nachdem alle Verwandten irgendwo in der Welt waren und die, die den Fehler gemacht hatten nach der Emigration nach Berlin und Leipzig zurück zu kehren und in der DDR zu bleiben, wurden weggesperrt. Wie oft wurde unserer Familie alles weggenommen? Erst von den Nazis, dann von den Kommunisten. Da waren kein Haus und kein Acker und nichts mehr. Aber ich würde eine Wiese kaufen.
            Ich kaufte keine Wiese, sondern für sechstausend Gulden die Knechtswohnung eines kleinen Bauernhofes im niederländischen Frysân, das war ein halbes Haus. Ein halbes ganzes Haus, nebenan Piet und Ans, in der Scheune 8 Kühe; so lebten sie, arm, keine Heizung, Petroleumöfen, der Wasserkran draußen, Kochen auf einem kleinen Gaskocher. Der Knecht war gestorben, das halbe ganze Haus war eine Ruine ohne alles. Ich kaufte es. Für die zweiten sechstausend ließ ich Wasser und Strom legen, Abflüsse graben und eine Dusche einbauen. Die nächsten Jahre verbrachte ich jedes Jahr viele Wochen im Haus, aber es dauerte noch lange, bis endlich einmal alles gerichtet wurde: der alte Ofen unter dem Kamin weg, Fliesen, die Wände verkleidet, neue Türen nach draußen, neue Fenster eingepasst. Eines war in allen Jahren Brauch, im Frühjahr strich Ans auf ihrer Seite alles und ich auf meiner, die dicke schwere Farbe, die im Dorf gemischt wurde, hielt alles zusammen.
            Die Kühe verschwanden, Piet radelte durchs Dorf und am Kanal entlang, manchmal fand er nicht mehr nach Hause. Dann starb er und Ans war froh aus dem Haus wegziehen zu können, sie holte immer noch das Wasser vom Kran. Die Hälfte wurde verkauft, das Meiste wurde anders, Zäune und Abgrenzungen gezogen, Hunde bellten, eine Spedition siedelte sich auf den Feldern hinter dem Haus an: Rotterdam Berlin Warschau und inzwischen noch weiter.
Das Dorf veränderte sich, wurde ärmer. Te koop te koop steht nun wieder an vielen Häusern. Wie damals in den Siebziger Jahren. Nein, verkaufen werde ich meine Wiese nicht, mein ganzes halbes Haus. Das Schreibhaus.
© Jay M. Walther

Sonntag, 5. August 2012

Humaldawei: Busfahrer. Bagger. Baggerschaufel ...

Humaldawei: Busfahrer. Bagger. Baggerschaufel ...:  Gang durch die Hinterhöfe ... und das letzte Glas in Dokkum ... Am Ende frage ich mich, habe ich alles geschafft, was ich...

Busfahrer. Bagger. Baggerschaufel ...


 Gang durch die Hinterhöfe ...




und das letzte Glas in Dokkum ...



Am Ende frage ich mich, habe ich alles geschafft, was ich schreiben wollte?


Ich habe die weitere Fortsetzung um den Kommissar Nathan Töer (Langeooger Liebestöter) entwickelt und nur hier am Humaldawei konnte ich auf diesen Plot und diese Geschichte kommen. Ich habe die beliebte Gerda weiter entwickelt, ach, sie einfach mal wieder reden und auf ihre Weise handeln so mörderisch lassen:

(AUSSCNITT)... Ich bin ja seit dem Krankenhaus aus dem normalen Alltag gefallen. Erschöpft saß ich in meinem roten Sessel und musste an Bernd und auch an Edwin denken. Was waren sie für Pechvögel gewesen! Aber sie hatten nun mal zu meiner unmittelbaren Umgebung gehört. Zog ich das Unglück an? Machten sich tief verborgene Gedanken bei mir selbständig? Führten sie mich – ohne dass ich es wollte? Ich habe oft recht bildhafte Gedanken. Daran ist doch nichts auszusetzen. Wie auch jetzt, nachdem mein Gedenken an die beiden unglücklich verstorbenen Männer beendet war.
„Das geht so nicht“, sagte ich laut, um merkwürdige, sehr neue Ideen weit von mir zu schieben. Ich riss sogar das Fenster auf. Sah diesen Bagger. Jetzt stand er still. Es war nach fünf, Feierabend.
Der Bus fuhr vorbei. Ich fasste nach meinem neuen blauen Brillengestell, presste es gegen den Nasensteg, um besser sehen zu können. War da der Busfahrer von eben drin?
Ich konnte es nicht genau erkennen.
Bus. Bagger.
„Nicht jetzt“, schimpfte ich mit den hoch blubbernden Gedanken. Sie wirkten wie Sektperlen. Anregend und brachten meinen Kreislauf in Schwung.
Busfahrer. Bagger. Baggerschaufel ...

Ich habe an einem Wettbewerbstext geschrieben und mich selbst sortiert,  und nach innen gehorcht ...




Mittwoch, 1. August 2012

Humaldawei: De Mazzel, William First!

Humaldawei: De Mazzel, William First!:   Ja - mit William First habe ich zwischendurch immer mal geredet. Er hat mich wortlos verstanden, ab und zu brummte er. Ob es zustimmend...

De Mazzel, William First!

 Ja - mit William First habe ich zwischendurch immer mal geredet. Er hat mich wortlos verstanden, ab und zu brummte er. Ob es zustimmend war, weiß ich nicht. Ist lange her, dass mir ein Teddy zubrummte.

Aber wir haben uns aneinandergewöhnt, der Bär mit seinen orangefarbenen Fußsohlen und ich.



Beim Aufwiedersehensagen schien es, als wolle er mich ermahnen. Hast du den Stecker dort und dort und dort rausgezogen? Gesaugt? Den Müll weg gebracht, das Fahrrad wieder abgegeben? Den Kühlschrank offen gelassen - mit einer Flasche Guiness dazwischen, damit die Tür nicht zufällt?

Hab ich alles.

Als ich ging, plinkerte er mir zu. Ich hab's gesehen!


De Mazzel, William First, und lass es dir gut gehen!

Dienstag, 31. Juli 2012

Gedanken, Worte und Ideen flirren ...




Geheimnisvoll wirkender Schreibplatz. Da sieht man Gedanken, Worte und Ideen flirren ...

Aber - so sieht er aus.
Ich hatte nur kein Kissen im Rücken.

Die Schriftstellerin Jana Jürß berichtet von ihrem Schreibaufenthalt aus dem letzten Jahr:



Jana Jürß:
Jay bot es mir an, ihr Häuschen, ihr Schreibhäuschen. Damit ich auch
außerhalb meines Hotelzimmers in jener gewissen Stadt (in der viele
meiner Protagonisten ihr Zuhause finden) schreiben kann. Ein Versuch war
es und ja, etwa zwei Wochen nach dem Schreiben in meinem Hotelzimmer
(den lieben Hotelbesitzern auf diesem Wege einen Gruß), noch vor Beginn
des Frühlings im vergangenen Jahr brach ich auf (nicht ein) in ein
fremdes Haus. Und dieses Haus in Friesland, gar nicht sehr weit von
meinem Ostfriesland, öffnete sich die Tür und bat mich herein. Sie bot
mir einen bequemen Stuhl am Schreibtisch und noch ehe ich einen anderen
Gedanken fassen konnte, zogen mich meine Romanfiguren nach Mecklenburg
und wenige Schreibwochenenden genügten, um den ersten Fall einer
Krimireihe zu lösen. Wie in Trance sehe ich mich schreiben, die Fäden
ziehen sich von allein, die Charaktere machen was sie wollen und das tut
gut! An einem Samstag im Humaldawei schrieb ich weit über 45000 Zeichen,
ein Tagesrekord und nur der steife Nacken erinnerte mich daran, dass es
gut sei für den Tag. Humaldawei, Friesland - das bedeutet für mich die
Einsamkeit, die ich brauche, um das Leben in meinen Welten zum Leuchten
zu bringen. Was ich dort tue, außer Schreiben? Ich spaziere in den
wenigen Schreibpausen durchs Dorf, ich esse mein Schreibbrot und trinke
meinen Schreibwein, ich höre meine Schreibmusik. Ganz nebenher wie ein
Tanz wird das Haus geputzt, ein wenig schlafe ich auch, aber nur ganz
wenig, denn meine Schreibzeit ist zu wertvoll. Die nächsten Romane sind
in Arbeit, derzeit wird an ihnen zuhause gesponnen, aber bald, sehr bald
möchte ich wieder nach Friesland.
www.jana-juerss.de

Dieses Schreibhaus hat ...



 Dieses Schreibhaus hat eine Vorder - und eine Hintertür. 

Öffne ich die Hintertüre, blicke ich zu den Nachbarn und deren blumenberanktes und grünes Haus, höre ich den Hahn krähen und die Vögel zwitschern. Hier finde ich winzige Details, die ich schreibend einbaue. Hier öffne ich auch die Hintertür, wenn ich koche. Damit ich nicht vergesse, dass ich koche. Ihc weiß, beim Blick aus der anderen Tür würde ich es vergessen.




Aus der Vordertür heraus. Da, wo die Bäume das Haus beschützen.  

Das ist der Blick auf die Außenwelt, hier sehe ich Radler, blicke ich den rasenden Motorradfahren nach, sehe Trecker, die Erntemaschinen und wenige, aber immerhin, durchfahrende Autos. Spaziergänger. 

Sitze ich spätnachmittags im Schaukelstuhl, sehe ich Freundlichkeiten. Die Leute grüßen und nicken, der Busfahrer hupt grüßend, - so etwas gibt es nicht in der Stadt. 

Keiner hat Eile - das Dorf wirkt angenehm entschleunigt.

Sonntag, 29. Juli 2012

Humaldawei: Verkaufstisch, der ein Lächeln erzeugt

Humaldawei: Verkaufstisch, der ein Lächeln erzeugt: gefunden in der Dorfgasse von Ee           Ein Verkaufstisch, der ein Lächeln erzeugt  dazu frische Blumen - einfach schö...

Verkaufstisch, der ein Lächeln erzeugt

gefunden in der Dorfgasse von Ee  

 

    




 Ein Verkaufstisch, der ein Lächeln erzeugt

 dazu frische Blumen - einfach schön!






schöne Tür

 

ich hätte gern mal dahinter geschaut


Mittwoch, 25. Juli 2012

Humaldawei: DIE SONNE BRENNT

Humaldawei: DIE SONNE BRENNT: schnell über die Straße laufen die Sonne brennt während sie untergeht Abend in Ee

DIE SONNE BRENNT



schnell über die Straße laufen
die Sonne brennt
während sie untergeht

Abend in Ee

Humaldawei: Blaue Stunde in Dokkum

Humaldawei: Blaue Stunde in Dokkum: Blaue Stunde in Dokkum sitzen gucken einfach so PS. Wieso hat sich der Himmel entfärbt - der war blau!

Blaue Stunde in Dokkum

Blaue Stunde in Dokkum
sitzen
gucken
einfach so

PS. Wieso hat sich der Himmel entfärbt - der war blau!

Humaldawei: Fietse platt

Humaldawei: Fietse platt: Nachmittagshitze, auf dem Weg zum Watt - hier irgendwo bei Anjum macht das Fietse schlapp. Vorderreifen platt. So plattete ich wieder z...

Fietse platt

Nachmittagshitze, auf dem Weg zum Watt - hier irgendwo bei Anjum
macht das Fietse schlapp.
Vorderreifen platt.
So plattete ich wieder zurück

ich wollte den Vogelschwarm einfangen
er war schneller
vel schneller als ich
eine Zeitlang zog er übermütig Kreise
und die Schwanzfedern giltzerten vor Lachen
in der Morgensonne

Dienstag, 24. Juli 2012

Humaldawei: Stunde der kleinen Dinge

Humaldawei: Stunde der kleinen Dinge: wenn ich am Morgen Gedanken Worte und Geschichten aufhängen kann zum Lüften und Trocknen Wenn ich den scheuen Fischen von...

Stunde der kleinen Dinge

wenn ich am Morgen
Gedanken
Worte
und
Geschichten
aufhängen kann
zum
Lüften
und
Trocknen

Wenn
ich
den scheuen Fischen
von denen ich nicht weiß
wie sie heißen
zuschaue
der Himmel sich spiegelt
oder
das Wasser
Wenn
ich am Morgen
die Mücken tanzen sehe
eine Spinne
über meinen Arm krabbelt
Wenn
der Hausbaum
mit seinem Blätterschirm
schützt
vor Lärm
und Unrast
dann ...
genieße ich die
Stunde
der
kleinen Dinge

Montag, 23. Juli 2012

Humaldawei: in Anjum fand ich ein Schwein

Humaldawei: in Anjum fand ich ein Schwein:  wer schützt hier wen? Die Bäume das Haus oder das Haus die Bäume?  abendliche Lesestunde in Anjum, ja, da fand ich nur ein...

in Anjum fand ich ein Schwein



wer schützt hier wen? Die Bäume das Haus oder das Haus die Bäume?

abendliche Lesestunde

in Anjum, ja, da fand ich nur ein Schwein

Samstag, 21. Juli 2012

Humaldawei: Kaffee, Milch, Äpfel

Humaldawei: Kaffee, Milch, Äpfel: einfach nur sitzen und gucken noch einmal Dokkum. Was mir heute morgen durch den Kopf geht: Die Beschränkung auf das Wesentli...

Kaffee, Milch, Äpfel

einfach nur sitzen und gucken


noch einmal Dokkum.

Was mir heute morgen durch den Kopf geht:
Die Beschränkung auf das Wesentliche finde ich ungeheuer befreiend. Gehe ich mal vom Essen aus: Keine sinnlosen Fragen: Was koche ich mir heute?,
sondern sich damit zufrieden geben, was ich da habe.
Kaffee, Milch, Äpfel, Knäcke, Brot zu Rösten, bisschen Käse, Aufstrich. Nudeln.
Ich habe mich darauf eingestellt und es bekommt mir gut. Keine Belastung durch hier und da essen, die Gedanken sind freier, hängen nicht im Bauch ...
Wunderbar.
So.
Und jetzt schreib ich das Exposé für das neue Projekt. Bisschen zum Warmlaufen und zum Kennenlernen der Hauptprotagonistin habe ich schon.


Freitag, 20. Juli 2012

Humaldawei: SCHÖNES BUNTES DOKKUM

Humaldawei: SCHÖNES BUNTES DOKKUM: Kleine Orte haben ihren ganz besonderen Reiz - jedenfalls hier. Dokkum- Kanäle, Schiffe, fröhliche Häuserfassaden, vor fast jedem ei...

SCHÖNES BUNTES DOKKUM


Kleine Orte haben ihren ganz besonderen Reiz - jedenfalls hier.
Dokkum- Kanäle, Schiffe, fröhliche Häuserfassaden, vor fast jedem eine Bank und Blumen

und auch das fiel mir auf, keine verdreckten Ecken, chice Frauen mit chicen Haarschnitten - Frauen jeglichen Alters - nix Piefiges - ausnehmend lässig-individuell gekleidet

Donnerstag, 19. Juli 2012

Humaldawei: lachendes Schaf mit Zylinder

Humaldawei: lachendes Schaf mit Zylinder: Der Himmel gegen 19 Uhr über dem friesischen Land. Mit einer Seitendrehung nach links wird aus dem Wolkenloch ein lachendes Schaf samt Sc...

lachendes Schaf mit Zylinder

Der Himmel gegen 19 Uhr über dem friesischen Land.
Mit einer Seitendrehung nach links wird aus dem Wolkenloch ein lachendes Schaf samt Schweinenase mit Zylinder

Humaldawei: Der Fleischer sang ein Lied

Humaldawei: Der Fleischer sang ein Lied: Der Fleischer hat mir ein Lied gesungen. Und als ich auf einen Salat zeigte, der wie Kartoffelsalat aussah, er dazu etwas sagte, was ich lei...

Der Fleischer sang ein Lied

Der Fleischer hat mir ein Lied gesungen. Und als ich auf einen Salat zeigte, der wie Kartoffelsalat aussah, er dazu etwas sagte, was ich leider nicht verstand, machte er es mir so einfach: Er wedelte flatternd mit den Armen: "Gack, Gack!"
Da wusste ich Bescheid und kaufte.
Die Kunden lächelten.
Ihc habe mich selten so fröhlich aus so einem kleinen Laden verabschiedet und ging lächelnd durch Pladderregen an der Kirche vorbei, zum Humaldawei.

Dienstag, 17. Juli 2012

Humaldawei: Ich!bin!da!

Humaldawei: Ich!bin!da!: Angekommen. Und das Haus mag mich ich mag das Haus und die Bäume, die wie Wächter vor der Tür stehen Hortensien sind so blau wie zu Haus...

Ich!bin!da!

Angekommen.
Und das Haus mag mich
ich mag das Haus
und die Bäume, die wie Wächter vor der Tür stehen
Hortensien sind so blau wie zu Hause
ich fand auch den richtigen Zug
es war nicht so, - für mich - wie Jay es weiter unten schreibt
Groningen via Buitenpost
klar
und die Leute sind freundlich, grüßen
so sind sie nicht in meiner Nachbarschaft.

Ein nudeliger, weintrunkener Begrüßungsteller in der Küche mit Blick auf den Garten,
erster Gang durchs Dorf
und auf dem Friedhof alte Grabmale beguckt

Ich glaube, mir gehts gut!



Spätnachmittagslicht vor Humaldawei



frühes Abendlicht im Humaldawei


Und das sandte Jay M. Walther aus ihrer Schreibresidenz:
Buitenpost
 
-  ist die Central Station von Fryslân. Und wichtiger als die Haltestation in Grijpskerk, an der sich jeden Abend die Autos sammeln, um diejenigen aus der Familie, oder Freunde abzuholen, die sonstwo arbeiten. Buitenpost und Grijpskerk liegen an der Bahnlinie zwischen Groningen und Leeuwarden. Dort halten die Züge auf jeden Fall. Und wer Richtung Lauwerzee, Dokkum will, muss an einer der Stationen aussteigen, aber nur in Buitenpost fährt ab und an auch ein Bus. Und wer ankommen will, muss wissen, wie die Züge zusammengesetzt sind, wohin die einzelnen kurzen Zugteile fahren.
Eine Schweizer Kollegin war von Basel nach Shiphool geflogen. Schnell war sie in Amsterdam, von jeder Station kam eine Sms. Dann stieg sie in einen Zug nach Leeuwarden. Dort wartete ich, aber nein, sie stieg nicht aus. Sie war verschwunden. Sie blieb verschwunden. Ich fuhr ins Haus nach Humaldawei zurück, wartete, zerknautschte; es wurde dunkel. Dann kam die Nachricht: Ich bin wieder in Leeuwarden, ich war in Groningen. Ich fahre hin und her und immer vorbei. – Bitte, steig in Grijpskerk oder Buitenpost aus. Die Geschichte endete mit einer Taxifahrt von Groningen nach Humaldawei, mitten in der Nacht. Wir aßen und stritten über die Farben der Schweiz, die weißen und die schwarzen Schafe auf den Weiden, das Grauvieh, die Genfer Sozialisten. Und dann mussten wir schlafen. Und wenn wir aufwachten, lachten wir über das Hinundherfahren, vorbei an den weinenden Schwänen und den nassen Wiesen.
In Buitenpost holte ich vor vielen Jahren Ann Ha ab. Sie hatte mich in Amsterdam besucht und nun kam sie nach Humaldawei. Ohne Beatmungsgerät war nur ein kurzer Besuch möglich. Aber sie war stolz und glücklich über diesen Ausflug nach Fryslan. Umsichtig war sie in Groningen in den richtigen Waggon gestiegen. Und voller Freude stieg sie aus und sagte. Ich habe es geschafft, dich hier zu besuchen. Und keine Fehler gemacht. Damals landeten die Züge aus Deutschland in der Grenzstation Arnheim auf einem besonderen Gleis, dann mussten alle aussteigen, der Zug rangierte und fuhr auf der niederländischen Seite wieder in den Bahnhof ein, alle nahmen wieder Platz und dann wurde auf Holländisch und Englisch angesagt, wo der Zug hinfuhr.
In Grijpskerk holte ich jemanden ab, von der ich dachte, sie kommt nicht und wenn, dann nicht mit dem angesagten Zug. Wenn ich sage, ich komme, dann komme ich auch, sagte sie, warum bist du so misstrauisch - und ich dachte, gut, dann glaube ich das wider mein Gefühl. Ja, mit dem Zug kam sie dann, aber ansonsten war sie immer weg und woanders und gut mit sich beschäftigt. In Grijpskerk möchte ich niemanden mehr abholen.
Unvergessen aber bleiben die Farben der Schweiz und die Freude von Ann Ha. Und – dass es jetzt einen Blog fürs Schreibhaus gibt.
 
© Jay M. Walther mit Grüßen aus Friedrichskoog

Samstag, 14. Juli 2012

Humaldawei: humaldaweiter Service

Humaldawei: humaldaweiter Service: Der humaldaweite Service ist schon jetzt Wahnsinn. Blumen, die draußen blühen ein Süppchen zum Lebenserhalt ein Wein zum Ankommen ...

humaldaweiter Service

Der humaldaweite Service
ist schon jetzt Wahnsinn.


Blumen, die draußen blühen
ein Süppchen zum Lebenserhalt
ein Wein zum Ankommen
ein gemachtes Bett zum Bleibenwollen
ein Laptop zum Arbeiten
ein Hintergarten
ein Vordergarten
und tausend Gedanken zum einfangen ...

Humaldawei: ich sortiere schon mal

Humaldawei: ich sortiere schon mal: Ich sortiere schon mal vorab. Was hier so reinpassen könnte ...

ich sortiere schon mal

Ich sortiere schon mal vorab.
Was hier so reinpassen könnte ...


Donnerstag, 12. Juli 2012

Mittwoch, 11. Juli 2012

So. Fürs erste 'Überleben' sind Tütensuppen und Knäckebrot eingekauft. Und die stets so leckeren Cantuccinis mit Mandeln. Der Hausschlüssel ist angekommen. Er beginnt schon, an mir zu zerren.
Was ziehe ich an? Nix. Also, das heißt, ich nehme nicht viel mit. Das Schreibhaus ist kein Glimmerleben. Gott sei Dank. Dann brauche ich auch nicht so viel zu tragen.

Wie schade, dass ich solch ein Schätzchen nicht mehr habe ... Aber tragen möchte ich es nun doch nicht


Ach ja - und ein Fietsen kriege ich auch. Ich kann also fietsen, wenns nicht regnet - danke Jay! Fietsen bis zum Horizont, zumindest zum Kanal ...

Freitag, 6. Juli 2012

Humaldawei: Der blaue Himmel

Humaldawei: Der blaue Himmel: Fryslân/Juli Der blaue Himmel stürzt schräg nach vorne. Schiefergraue Wolken halten. Birken und Weiden stützen. Der Raps leuc...

Der blaue Himmel

Provincie Fryslan


Fryslân/Juli

Der blaue Himmel stürzt schräg nach vorne. Schiefergraue Wolken halten. Birken und Weiden stützen. Der Raps leuchtet hellgelb. Im Juli. Die erste Maad ist getan. Das Heu verpackt in weiße Folie. Die Luft duftet herb nach Kräutern und Gras, leichter Wind von der See wirbelt die Bäume silbern. Das Geglitzer der heißen Sonne spiegelt sich in den Grachten und Gräben. Braun und grün schaukeln die Wellen. Mit Lichtsternchen. Reiher und Kraniche schweben wie absichtslos über das Wasser.
Am Taganfang gehe ich vorne aus dem Haus, zum Kanal, zu den Schiffen. Eine Schonerbrig hat vor der kleinen Werft festgemacht. Nein, kein neuer Krieg wird zwischen den Niederlanden und Spanien mit Brigantinen geführt. Eine Reparatur. Eine einzige schöne Halbbrig.
Am Tagende gehe ich hinten aus dem Haus und erinnere die Geschichte, dass ich once upon a time jemanden einen Schlüssel von der hinteren Tür gab und damit Enttäuschung auslöste. Früher war nur der Schlüssel der Hintertüren wichtig, denn die Tür vorne war Show, zeigte an, dass es nicht nur das Scheunentor für die Kühe gab, die Gatter für die Schafe und die Küchentür, die immer offen war, durch die alle hereinkamen: Es gab eine immer abgeschlossene, nie benutzte vordere Eingangstür, so wie die kleinste Kammer im Haus, die beste Stube war, immer klamm, im Winter eiskalt. Selbst an Festtagen wurde sie nicht benutzt, nur die Tür geöffnet, schaut, wir haben eine beste Kammer. So muy.
Am Tagende schaute ich in den Himmel und sah wie eine schwarze Kugel ein Wolkenschaf traf. Es ist immer gut, wenn ein Haus zwei Ausgänge besitzt. Wer weiß – und wie nötig ist Leben?

© Jay M. Walther


Antäuen. Nicht verloren gehen


Dieser dichte Text von Jay M. Walther kam eben aus Fryslân rüber, wo mir zur Tagmitte die Jay alles mögliche hin- und herrückt. Was sie nicht tun soll.
Wenn ich hinten wieder ins Haus gehe, werde ich wohl gleich wieder abschließen. Wenn die Blumen begossen, die Gedanken sich ausgesät haben und Worte gefunden sind. Und ein Fahrrad.

Sonntag, 1. Juli 2012

Seenebel Fryslân


so kann es auch in Fryslân sein ...

Seenebel

Ganz plötzlich änderte sich das Wetter. Die Temperatur sank, frischer Westwind schob feuchte Luft über das Meer, hin zur Insel. Tiefhängende Wolkenfetzen näherten sich. Innerhalb weniger Minuten hatte er die Insel umarmt, plötzlich und lautlos, Seenebel, der die Insel und das Meer in dichtes Grau hüllte.
Jemand ging über den Deich. Noch sah die Frau die roten Steine auf dem Weg. Rechts von ihr lagen Dünen, die wie erstarrte Wellentäler aussahen und der Pfad führte hinunter zum Watt. Es roch schal, fast faulig nach Tang, Geschmack von Salz lag auf den Lippen. Dunst legte sich über Mund und Nase. Die dunklen Konturen des Sanddorns, der an den Wiesenrändern wuchs, zeigten die Richtung zum Dorf. Die Frau horchte nach den Rufen der Möwen, nach dem Klang ihrer Schritte, alles war weit entfernt. Über dem Meer liegende Nebelbänke schoben sich vorwärts und langfingrige Schwaden krochen über Dünenränder, schwappten herüber, verschluckten den Deich und fahlschimmerndes Licht. Himmel und Erde wurden eins. Suchend streckte sie ihre Arme aus, griff ins Leere, ins Nichts.
Dieser Weg hier, hundert Mal gegangen, täuschte, Irrlichter ließen die Richtung verlieren. Hastig drehte die Frau sich um, aber auch hinter ihr war nur eine wabernde Wand. Das Nebelhorn dröhnte. Nach dem Ausklingen des letzten Tons breitete sich Stille aus.
Schweiß vermischte sich mit aus Poren kriechender Angst. Weiter, nur weiter, zum Dorf! Vorwärts hastend, stolperte sie. Nebel schwankte, hob und senkte sich.
Sie fiel, rutschte, sie richtete sich auf und schlitterte den Deich hinunter. Nasses Gras streifte ihr Gesicht. Wasser floss über ihre Schuhe und saugender Morast gab trügerischen Halt. Hilflos um sich rudernd, stürzte sie in einen der Entwässerungsgräben am Watt.
Aus dem Nichts erschienen Seevögel. Immer gierig, saßen sie dicht aneinander gedrängt im Gras. Bei dem platschenden Geräusch flogen sie hoch und stürzten steil wieder hinab, sie suchten mit hungrigen Schnäbeln.
So schnell, wie der Nebel gekommen war, so rasch zog er mit einem Male fort. Die Insel, das Meer tauchten auf, die Geräusche kamen zurück.
Eine dichte Wolke schrill kreischender Möwen warf noch lange ihren Schatten über den Deich.

Aus:

Nebengleis: Kurzprosa [Taschenbuch]

Monika Detering Nebengleis: Kurzprosa

Sonntag, 24. Juni 2012

Im Haus über der Straße

Humaldawei 2




Fryslân - November

Im Haus über der Straße versuchter Totschlag und missglückte Flucht aus einem Fenster. Die Puppe bleibt mit ihren Beinen im Glas stecken. Eine Axt liegt im Hof. Kein Blut. Ich gehe vorbei und die Straße hinunter zum Dorfrand. Die Häuser werden kleiner. Ich gehe zurück, die Häuser werden größer, dann wieder kleiner. Klein mit Anbauten und Verschlägen. Schmaler Plattenweg zur Haustür. Groß mit Vorbau und Säulen. Auffahrt mit Kies und gesäumt von Hortensien und Fahnenstange.
Der nasse Nebel drückt sich zwischen die Häuser. An den Ästen hängen große durchsichtige Tropfen. Das Dorf eine weiße Wolke. Die Kirche hat keine Turmspitze mehr. Ich gehe auf der Hauptstraße. Kein Friseur mehr, der Rum verkauft, kein Laden mehr. Ein Postkasten, eine Bushaltestelle. Ein Schrotthändler in der Tankstelle. Ich gehe vorbei. Leeres Haus, zu kaufen. Bewohntes Haus. Te koop. Schild vor der Tür. Leere Häuser. Keine Arbeit. Dorfrand. Ein Berg Zuckerrüben. Die weiße Luft ist nass. Kein Blick über die Felder zum ersten Deich.
Die Schafe tragen dicken gelben Winterpelz. Die Hortensien hängen weiß lila ausgebleicht und braun zwischen ihren Blättern. Der Nebel weht über die frisch gepflügten Äcker. Auf dem Wasser steht er grau und dicht. Die Erdschollen glänzen dunkel. Das Schilf an den Grachten und Gräben ist geschnitten. Bagger schaufeln Schlick. Schwarz die Straßenränder. Dunkles Wasser steht in den schmalen Furchen auf den Wiesen. Der Kohl ist meterhoch, die Lauchstangen sind armdick. Rüben werden aufgeladen abgeschüttet. Die Wege zerfurcht.
Ich gehe vorbei an den Schafen den Pferden den bis an die Wolkenränder gestapelten Kartoffelkisten an Männern die Boote an Land hieven an der Schleuse an der kleinen Werft an leeren Häusern an Schildern Te koop. Im Dorf ist es leise niemand zu sehen im Nebel. Niemand da. Lichter verwischen. Ich gehe zu mir und im Himmel ist Jahrmarkt so weit weg war ich noch nie. Und sei es in Gedanken. 
© J. Monika Walther